Sehnsucht nach einem fernen Garten und Universelle Sehnsucht
01.09.2023
„Gerade in schwierigen und unsicheren Zeiten vereint uns die Sehnsucht nach einer besseren Welt,“ so Intendant Julian Rachlin über das diesjährige Motto von HERBSTGOLD. Ein Ort, der dem getriebenen Menschen Ruhe bietet, der in der Krise die Sehnsucht nach Frieden zumindest kurzfristig stillen kann, ist der Garten. Der Schlosspark ist das eindeutig größte Kunstwerk in Eisenstadt mit seinen rund 42 Hektar und realisiert gleichzeitig konkret „Arkadien“: einen legendären Ort des Friedens und des Einklangs mit der Natur. Auf solch unendlich entfernte Sehnsuchtsorte zielen auch die diesjährigen HERBSTGOLD-Kunstprojekte.
SALA TERRENA von Anna Artaker (Gartenfront und Festivalbühne)
Im Zuge der Neugestaltung des Schlossparks wurden vier künstlerische Projektvorschläge ausgewählt, die in den kommenden vier Jahren umgesetzt werden. Als erstes wird der Entwurf von Anna Artaker in diesem Jahr umgesetzt.
Das Vorhaben ihrer SALA TERRENA (dt. Gartensaal / ebenerdiger Saal) widmet sich den zugemauerten Bögen auf der Gartenfront von Schoss Esterházy. Die virtuellen Laubengänge lassen die ursprüngliche Offenheit und Durchgängigkeit dieser Zone wiederaufleben. Das ornamentale Vorbild hierfür sind die perspektivischen trompe l’œuil-Elemente barocker Gartenkunst, die mit hölzernen Treillagen oder Zierspalieren große suggestive Wirkungen erzielten. Ausgeführt ist das Werk in Sgraffito-Technik, einem äußerst dauerhaften Kratzputz-Verfahren aus der Renaissancezeit. Die Farbe der Linien ist dunkelgrün, die Flächenfarbe helles Elfenbein.
Das moderne Glasportal in der Mitte wurde entsprechend der perspektivischen Illusion mit geplotteten Folienelementen und spiegelnder Sonnenschutzfolie beklebt, die von innen eine Durchsicht nach außen erlaubt. Dadurch ist der große Landschaftsgarten auch vom klassizistischen Schlossdurchgang (heute Ausstellungsraum der „Haydn explosiv. Musik aus revolutionären Zeiten“) wieder erlebbar. Gleichzeitig entwirft sie als Teaser und Verbindungsstück zur SALA TERRENA die Oberfläche der Veranstaltungsbühne vor dem Schloss, die passend zum Thema „Sehnsucht“ durch einen gekrümmten Laubengang illustriert wird. Er leitet alle Besucher und Besucherinnen vom Vorplatz unmittelbar zu einem Sehnsuchtsort freier Wahl. Die SALA TERRENA und die HERBSTGOLD Bühne werden am 9. September um 17:30 Uhr eröffnet.
UNIVERSELLE SEHNSUCHT von Claudia Plank & Hans Werner Poschauko (11 Fahnen)
Nachdem die mit Manfred Bockelmann begonnene künstlerische Nutzung der Fahnenmasten den Vorplatz von Schloss Esterházy sehr erfolgreich belebt hat, wird das Projekt mit neuen Fahnen fortgesetzt. Der diesjährige Entwurf stammt vom Wiener Künstlerduo Claudia Plank und Hans Werner Poschauko, die für die Esterhazy Stiftungen bereits die prachtvollen Sgraffitis in der Bankgasse, Tanz der Pfirsichblüten und Rebschulweg, gestaltet haben. Diese beiden floralen Werke, die permanent in der Bankgasse, beim Hotel Galántha zu sehen sind, wurden von ihnen nun temporär um ein kristallines Sujet ergänzt. Bei gleichmäßigem Ost- oder Westwind ergeben ihre elf Fahnen zusammen den lesbaren Schriftzug UNIVERSELLE SEHNSUCHT über einem rautenförmigen Farbmuster. Ihre inhaltliche Intention der Fahnengestaltung beschreiben die Künstler wie folgt: „Die kristalline Struktur unseres Entwurfs basiert auf Baruch Spinozas philosophischer Schrift Die Ethik, die vom Geiste der Geometrie inspiriert ist. In diesem Werk ist die Hauptaussage, dass Gott die Natur ist und wir alle Teile des Göttlichen sind. Die Sehnsucht nach dem Unendlichen wiederum ist ein Hauptmotiv der Romantik. Wir deuten die unbestimmte Suche als Sehnsucht nach dem All-Umfassenden.“ Das Künstlerduo wird ebenso die Auslagen der Tanzpassage im Hotel Galántha bespielen. Die Eröffnung des Fahnenprojekts und der Tanzpassage findet am 17. September 2023 um 16:00 Uhr statt.
Gartenkünste – Ausstellung der Projektvorschläge von Anna Artaker, Katinka Bock, Susan Philipsz und Markus Schinwald
Im Weißen Saal von Schloss Esterházy wird derzeit die Ausstellung Gartenkünste gezeigt, die vier Umgestaltungsvorschläge der Künstlerinnen und Künstler Anna Artaker, Katinka Bock, Susan Philipsz und Markus Schinwald präsentiert. Die Entwicklung des Englischen Landschaftsgartens ist ursächlich von einem bildbezogenen Denken motiviert. Seine neuartige Wegführung sollte sich von einem pittoresken Bild zum nächsten winden, liebliche Szenen und dramatische Szenen sollten überraschend abwechseln. Auch der um 1803 errichtete Schlosspark Eisenstadt ist so konzipiert. Wie in solch einer Garten-Dramaturgie heutige Szenerien aussehen könnten, haben die vier Künstlerinnen und Künstler entworfen. Kuratiert wurde die Ausstellung von Fanni Fetzer (Kunstmuseum Luzern), Brigitte Kölle (Kunsthalle Hamburg), Thomas Trummer (Kunsthaus Bregenz) und Vitus Weh (NOW Esterhazy).
Sternenfeld – Ortsspezifische Installation von Alfredo Barsuglia aus 2022 bleibt auf dem Vorplatz erhalten
Alfredo Barsuglia hat für die neue Platzgestaltung 2022 sowohl die konkreten Bänke und Liegen entworfen, als auch fünf „Sternenluster“ beigesteuert. Jede dieser Lichtskulpturen trägt an der Spitze eines Masten einen Sternenhaufen aus Glühbirnen, die bei Tag als bunte Punkte ersichtlich sind und in der Nacht leuchten. In ihrer modernistischen Machart knüpfen sie an die vom „Sputnikschock“ (1957) inspirierten Lampen der 50er und 60er Jahre und den berühmten Lobmeyr-Luster der New Yorker Metropolitan Oper (Rath, 1963) an. Die unterschiedlichen Formen der Sternenhaufen öffnen Assoziationen von astronomischen Ereignissen bis hin zu direkten politischen Metaphern. Ein Sternenluster ist zusätzlich mit einem kleinen Klangspiel bestückt, das bei Wind das Sternenfeld leise zum Klingen bringt.
Eröffnungsreigen KUNST:
Samstag, 09. September, 17:30 Uhr
Eröffnung der HERBSTGOLD-Bühne mit einem Auftritt des Esterhazy-Chors. Anschließend Festzug durch den Innenhof des Schlosses und den klassizistischen Schloss-Durchgang auf die Gartenfront.
Sonntag, 17. September, 16:00 Uhr
Eröffnung der Ausstellung „Bis zum Ende der Liebe/Bis ans Ende der Welt“ in der TANZPASSAGE Eisenstadt sowie der HERBSTGOLD-Skulptur „UNIVERSELLE SEHNSUCHT“, jeweils von Claudia Plank & Hans Werner Poschauko.
HERBSTGOLD Kunst
Vorplatz von Schloss Esterházy | täglich 0–24 Uhr
www.esterhazy-now.at
Tanzpassage Eisenstadt
Bankgasse 1-3 | täglich 0–24 Uhr
Gartenkünste
Künstlerische Visionen für den Schlosspark Eisenstadt
Projektvorschläge von Anna Artaker, Katinka Bock, Susan Philipsz und Markus Schinwald
Weißer Saal (2. OG) von Schloss Esterházy April–Dezember 2023